#09 – „Krank sein kostet“ mit Sebastian

Krank sein kostet – und nicht zu wenig. Als chronisch kranke Menschen berichten Sebastian und ich in der heutigen Folge darüber, wie teuer krank sein ist. Nicht nur, dass es Geld kostet, nein – es frisst auch unglaublich viel Zeit und Nerven. Darum soll es in dieser Folge gehen!

Nach der Folge schrieb mir Sebastian: „Wir haben die Hälfte vergessen, könnten eigentlich gleich noch eine Folge aufnehmen!“. Recht hat er, nicht zwingend damit, dass wir etwas vergessen haben, sondern eher in Bezug darauf, dass 50 Minuten sicher nicht ausgereicht haben, auch nur im Ansatz darstellen zu können, wie umfangreich die Ansprüche an benachteiligte Menschen tatsächlich sind.

Krank sein kostet Zeit, Geld und Nerven – und von allem nicht zu wenig.

Arzttermine vereinbaren bedeutet
- ewige Telefoniereien auf sich zu nehmen, da selten jemand auf Anhieb telefonisch erreichbar ist.
- Auf E-Mails wird zumeist schon gar nicht mehr geantwortet (unsere Erfahrung).
- Die Arztbesuche ziehen Vor- und Nachbereitung mit sich
Ich führe einen Zeitstrahl meiner Krankengeschichte, der regelmäßig von mir aktualisiert wird. Kein Arzt hat die Zeit, vor einem Termin noch schnell drei breite A4-Order voller Arztbriefe, Gutachten usw. durchzulesen, deshalb dokumentiere ich alles in Stichpunktform – das kann ich nur jedem empfehlen, die Ärzte und Ärztinnen sind davon durchweg begeistert und reagieren stets sehr dankbar. Auch als Patientin profitiere ich von diesem Zeitstrahl, da ich nicht immer und immer wieder meine komplette Geschichte runterrattern muss. Diese Tabelle inkludiert alle wichtigen Daten, also Medikamentenumstellungen (Wann und welche Medikamente werden eingenommen?), Arzttermine und daraus hervorgehende Befunde, Behördliche Dokumente (Anerkennung Schwerbehinderung, Pflegestufe, Rollstuhl etc.)
Dazu kommt das Dokumente einscannen, verschicken, archivieren, kopieren etc.
Behördengänge, Papierkram (Formulare etc.),
Recherchen
Austausch mit anderen Betroffenen
Medikamentenumstellungen
Fahrwege, Wartezeiten
Das Einholen von Befunden
Die zusätzliche Einnahme vom Nahrungsergänzungsmitteln
Spezielle Diäten (Gluten-, Lactose- und weitere Unverträglichkeiten, ggf. dringend erforderliche gesunde Ernährung)
Freunde und Umfeld
Selbstbestimmtheit/Unabhängigkeit, z.B. durch Angewiesen sein auf Einzelfallhilfe/Betreuung oder Pflege
Soziale Stellung – die unterwürfige Haltung des Bittstellers

Einige weitere Herausforderungen, vor denen wir stehen

Barriere“freiheit“:
- Austattung meines Arbeitsplatzes, Kampf um zusätzliche erforderliche Hilfsmittel, Behördenwahnsinn aufgrunddessen
- PDF-Dateien in Scan-Form = unbrauchbar für blinde Menschen, da diese mit Text-in-Sprache bei weitem nicht flächendeckend kompatibel sind
- Gesetzeskommetare, mit tausenden Fußnoten, die Text-in-Sprache für Hörer:innen zu einer Katastrophe werden lassen
- Der Fahrstuhl am Bahnhof, der nicht funktioniert, weswegen man erst in die falsche Richtung fahren muss, um an dem nächstmöglichen Bahnhof das Gleis wechseln zu können

Hier möchte ich nochmals betonen, dass diese Liste binnen weniger Minuten zustande kam und somit bei weitem nicht abschließend ist, sondern eher einen ersten Eindruck vermitteln soll.