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#02 „Wie behindert du bist, entscheidet das Amt“ mit Kevin

#02 "Wie behindert du bist, entscheidet das Amt" mit Kevin

Mein  heutiger Gast ist Kevin. Wir sprechen über das Künstler-Dasein und was heutzutage von Ihnen erwartet wird. Wir sprechen über die Leistungsgesellschaft und deren Folgen. Weiterhin erzähle ich von meiner diskriminierenden Erfahrung mit einem Beschäftigten des Ordnungsamtes.

 

Bezugnahmen zur Folge:

Mein Schreiben an das Ordnungsamt vom 31.05.2022: 

„Sehr geehrte Damen und Herren,
 
Äußerung zur Verwarnung
Gerne möchte ich Ihnen schildern, wie es zu dieser Ordnungswidrigkeit kam. Ich leide am juvenilen monogenen Parkinson-Syndrom und hatte an diesem Vormittag starke Spastiken, weshalb ich nicht in der Lage war, das Auto vom Gehweg zu fahren, geschweige denn weiter weg zu parken. Ich kam vom Einkaufen, konnte mich kaum noch bewegen, habe stark gekrampft. Für den Behindertenparkplatz vor meiner Wohnungstür habe ich ebenfalls keine Parkberechtigung, da es bei mir nur für die Gehbehinderung, nicht aber die außergewöhnliche Gehbehinderung gereicht hat, die für ein Parkausweis erforderlich ist. Ich bitte um Verständnis für meine Situation und darum, das Verwarngeld zurückzuziehen.
 
Anmerkung

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ – (Artikel 3, Grundgesetz)

Weiterhin erlaube ich mir eine Anmerkung zum Telefonat mit einem der Sachbearbeiter des Ordnungsamtes am 19.05.2022 um 10:33 Uhr. Ich schilderte meine Umstände freundlich und sachlich, habe Details vermieden, um nicht mehr Zeit in Anspruch zu nehmen als ich muss, weil ich weiß, wie die Arbeit in der Verwaltung ist. Ich habe extra vorab angerufen, um Ihnen den Papierkrieg zu ersparen, sollte meine Anhörung nichts an dem Verwarngeld ändern.

Nach meiner Erläuterung bekam ich als Antwort entgegengeschleudert: „Sie können sich jetzt hier aber nicht aus Ihrer Behinderung einen eigenen Vorteil drehen. […] Dann muss eben jemand anders das Auto wegfahren!“, daraufhin erklärte ich, allein gewesen zu sein, woraufhin er erwiderte, ich hätte mich eben um jemanden kümmern müssen, der das Auto wegfährt. Weil ich diese Unterstellung, ich würde mir anhand meiner Behinderung einen eigenen Vorteil verschaffen, schon unzählige Male in meinem Leben hörte und weiß, dass es Tausenden Menschen genauso geht, kann ich und will ich solche Aussagen nicht mehr unkommentiert im Raum stehen lassen.

Wieso? Diese Worte verachtend, verletzend und unbedacht. Das macht sie nicht weniger anmaßend und frech. In dem Zustand, in dem ich mich zu diesem Zeitpunkt befand, schwer krampfend und zittert auf der Couch liegend, ohne mich bewegen zu können, das Sprachzentrum schwer eingeschränkt, war es mir nicht möglich, mich um mein Auto zu kümmern. An das Auto konnte ich in dem Moment nicht einmal denken, die Schmerzen vernebeln nämlich dann die Wahrnehmung. Zum anderen habe ich ein ganz großes Problem damit, dass mir meine Behinderung als Vorteil ausgelegt wurde. Es ist kein Vorteil und absolut anmaßend, sich herauszunehmen, das zu unterstellen!

Wir befinden uns im Jahr 2022, es gibt die UN-Behindertenkonvention sowie die Verankerung von Inklusion als Menschenrecht und viele Menschen kämpfen in diesem Land und für dieses Land um mehr Akzeptanz und Toleranz. Wir alle leben in einer Solidargemeinschaft – Betonung auf Gemeinschaft – und desto länger ich über diese Haltung am Telefon denke, umso enttäuschter und fassungsloser bin ich.

Wir können sehr gern tauschen, wenn es so nett scheint, behindert zu sein. Dann genießen Sie die „Vorteile“ meiner Behinderung ebenfalls. Dann bitte ich aber ebenfalls zu bedenken, dass hinter dem „Vorteil“, den so eine Behinderung, am Beispiel meiner Person u. a. beispielsweise folgende Aspekte mit sich bringt:
–       3 Operationen am Gehirn in Alter von 12 Jahren (hier ging es um Leben und Tod, 3 Mal übrigens)
–       Mit 17 Jahren die Diagnose, ein Leben lang schwer krank zu sein und auch ein Leben lang auf Medikamente angewiesen zu sein, ohne Garantie auf kontinuierlich stabilen gesundheitlichen Zustand
–       Mit 21 Jahren bin ich nun bei neun bis elf Tabletten am Tag, die mir zwar Mobilität schenken, bei denen ich jedoch im Falle des Nichtwirkens binnen 30 Minuten komplett bewegungsunfähig bin.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Vanessa Zimmermann

 

Die Antwort der Stadtverwaltung:

Antwort der Stadtverwaltung

 

 

 

 

 


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